Im Freilichtmuseum Klockenhagen wurden die Tiere geschoren. Die Wolle der Schafe wurde gleich verarbeitet.
Ribnitz-Damgarten
Auch wenn an diesem windigen Sonntag ein dickes Fell gar nicht unpraktisch gewesen wäre, so hieß es für die Schafe der Region trotz allem: Fell runter. Im Freilichtmuseum Klockenhagen wurde anlässlich des Internationalen Museumstages der tierische Rohstoff gewonnen, gesponnen und verstrickt.
„Wenn man gut ist, benötigt man etwa sechs Minuten für die Schur“, erklärte Dirk Römpage. Und er sollte damit Recht behalten. Im Nu hatte er das flauschige, dick eingepackte raue Wollschaf um einige Kilogramm erleichtert. Auch wenn das Schaf etwas nackt wirkte und scheinbar die Hälfte seines Volumens verloren hatte, wird es dem gelernten Schäfer in einigen Wochen dankbar sein für den Sommerhaarschnitt. Zwischen vier und fünf Kilogramm Wolle kann ein solches Tier auf seinen vier Beinen tragen, informierte Dirk Römpage.
Die verschiedenen Schafrassen bekam der Tierwirt im Laufe des Tages vor die Schermaschine. Meist waren es die rauwolligen Schafe, aber auch schwarzköpfige Fleischschafe wurden noch geschoren. Etwa zwei dutzend Schafe werden erfahrungsgemäß von ihren Haltern zum Scheren vorbeigebracht, informierte Museumsbauer Sven Müller.
Quasi noch warm wurde die Wolle im Anschluss hinüber zu den Frauen des Spinn-Kurses der Rostocker Volkshochschule getragen. Dort wurde aus dem Tierhaar das Garn gesponnen. „Hier bekommen wir die Qualität an Wolle, die wir gerne haben“, so Friederike Kunz: „Unverschmutzt und ohne Verfilzungen an den Haarspitzen.“ Besonders für Anfänger sei dies der ideale Zustand, das Spinnen zu lernen.
Sobald man die Fußarbeit erlernt habe, könne man sich ganz auf die Hände konzentrieren.
Einige Stunden würden schon benötigt, um das Spinnen mit dem Spinnrad zu erlernen, sagte Friederike Kunz. Ihr Oma pflegte immer zu sagen: Wer dieses Handwerk nicht an einem Tag erlernt, wird es sein Leben lang nicht tun. Ganz so dramatisch sei es allerdings nicht, auch wenn es durchaus der koordinativen Übung bedürfe.
„Der Mehrwert für uns ist dabei folgender“, sagte Friederike Kunz: „Die Füße und Hände sind beschäftig, aber der Mund ist frei.“ Schnattern und Spinnen laute also die Devise. Und das Ganze auch noch auf klimaneutrale Art und Weise. Sogar die Endprodukte — die Socken, Strickpullover, Westen, Beutel, Schmuck- und Alltagsgegenstände — seien biologisch abbaubar. Kaputte Socken landen einfach auf dem Kompost und kehren so in den natürlichen Kreislauf zurück. Gemeinsam mit den anderen Frauen werden die Spinnerinnen der Volkshochschule gestern noch einige Meter Garn gefertigt haben, bis auch das letzte Schaf im Freilichtmuseum von seinem dichten Fell befreit wurde.
Quelle: www.ostsee-zeitung.de